EXHIBITION
>> NOVEMBER 20 - JANUARY 29  |   2005
SUBURBIA
GALERIE MICHAEL STURM
STUTTGART, GERMANY

Was bleibt, wenn die Träume geträumt sind oder man aufwacht, bevor die Träume überhaupt anfangen können? Und was bleibt, wenn der Versuch, diese Träume dennoch zu verwirklichen, sich als zerstörerisch für das Selbst erweist?

Am Anfang der eigentümlichen Bildwelt von Stefanie Schneider steht eine Kiste mit abgelaufenen Polaroidfilmen, die die Künstlerin auf dem Flohmarkt in L.A. erwarb. Aufgrund der chemischen Reaktionen, die das Material bereits im Verborgenen durchlaufen hat, wird jedes Foto, das Stefanie Schneider schießt, zum Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Die perfekte Einstellung, der richtige Moment, all dies kann zum ästhetischen Alptraum werden, wenn der Zufall, das Leben, das sich verselbständigende Objekt mitregiert und dem agierenden Subjekt einen Strich durch die Rechnung macht. Andererseits ist gerade diese Unabwägbarkeit des Materials verantwortlich für die große malerische Wirkung, die allen Fotos von Schneider eigen ist. Betrachtet man ihre neuesten Werke, scheint es gar, als habe sich die Künstlerin mit dem potentiell immer vorhandenen Scheitern ausgesöhnt und angefreundet.

Das Sich-Einrichten in den gescheiterten Hoffnungen, wie es sich bereits im Arbeitsprozeß offenbart, ist auch prägend für die inhaltliche Thematik von Schneiders Kunst. In traumwandlerisch verklärten Fotoserien stellt die Künstlerin in diesen Blow-Ups verwaschener Polaroids die verblichenen Mythen ihrer Wahlheimat Amerika auf die Probe. In großer Nähe zum amerikanischen Film, seien es Western-Legenden oder die Thriller von David Lynch, brechen sich der alltägliche Horror, dem der Einzelne ausgesetzt ist, und die Morbidität des Banalen in zerbrechlicher und poetischer Gestalt Bahn. Durch die Andeutung einer Erzählung, deren Erfüllung jedoch versagt bleibt, kreiert Schneider ein leises Unbehagen, das den amerikanischen Traum und seine Sehnsüchte an die Grenze zum Alptraum schiebt. Neben diesen Phantasien der Gewalt und der Lust, wie sie sich in der Serie „29 Palms, CA“ als Zerrbild des amerikanischen Traums formieren, zeigen die neuesten Fotos von Stefanie Schneider aus der Serie „Suburbia“ die Alternative auf: den Rückzug zu den kleinen Dingen, den Garten im Hinterhof, das Heilsversprechen der Vorstadt, die als „Pleasantville“ das Mittel zur Ästhetisierung des banalen Selbst und zu einer Inszenierung der Ohnmacht bietet. Aber ebenso wie in ihrer grellen Übersteigerung kalifornischer Wüstendramen ist auch die Sattheit des Vorstadtrasens für Stefanie Schneider nur ein Mittel, die resignierte Romantik und Melancholie einer Generation aufzuzeigen, die sich immer wieder fragt, ob ihr Traum jemals beginnen wird oder ob er nicht schon längst von jemand anderem geträumt worden ist.

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